14. Januar 2023
Weisst du, manchmal wünsch ich dir, dass du dir weniger gedanken machst
dass du endlich diesen knopf findest, der dich runterfährt oder zumindest auf stand-by modus umschaltet
auch gut wäre ein knopf der den ganzen müll, der sich in dir so anstaut, rauskippt. wie auf dem computer, papierkorb leeren
aber du bist keine maschine. und wenn du dann so angefüllt und übervoll und dem platzen nahe bist
kannst versuchen dich nicht zusammen zu reissen? kannst du dann nicht einfach gehen, die tränen laufen lassen
dich dabei nicht schwach fühlen sondern dir den mut ansehen, der da in dir schwimmt?
zwischen den tränen die wut erkennen, die nicht an dir festgemacht ist, die nicht deine schwäche ist sondern deine stärke?
meine begleitung riecht sauer und ein klein wenig nach orangen oder madarinen.
ich füttere ihn und werde unruhig, wenn ich weiss, dass er nun reif ist. neues mehl, neues brot. mische dich mit warmem wasser, du klebst an mir, meinen fingern und ich an dir.
wie viel von mir macht dich aus?
mutter. masa madre. mein mein laib dein leib
mein leid dein kleid
wenn ich den boden verliere flüchte ich mich zu dir
drück dich, mische dich neu
schaue dir zu wie du in der hitze aufgehst
ich würde gerne ein kruste bilden können. weiches luftiges innere.
mit vielen höhlen und verbindungen. wie sehe ich aus? gleichen wir uns?
arbeitest du für mich? ich für dich? wir zusammen?
ich hab dich schon überreif auf meine dreckige wäsche gepackt. krönung meines veloanhängers.
wenn ich auf besuch gehe, nutze ich den moment
zum waschen, mich meine kleider, meinen kopf
ich backe und koche. ohne dazwischen die regenjacke anziehen zu müssen. die räume warm, immer gleichwarm.
ich lebe im hin und her und weil du mich begleitest ist es einfacher es als rhythmus zu bergeifen. als wiederkehrende zustände, ein immer fortlaufender prozess.
ich ordne meine körperpflege ebenso in einen kreislauf ein, wie das einmehlen des langsam reifenden brotlaibes mit mehl. öle mich ein, verstreiche über die haut wie das salzwasser in den brotteig, tränen über die wange reiben
könnte ich das brot mit meinen tränen salzen? wäre das salz und wasser genug?
müsste ich rennen und ins schwitzen kommen oder in der sauna mich in fläschchen füllen
würde das brot und ich dann eins werden?
dieser brief geht eigentlich an meinen sauerteig
das ist nicht eines. er ist viele.
lebendiges hungriges etwas, das treu zu mir hält, mir die hand umschmeichelt, sich unter meine nägel gräbt. er steht neben mir und steigt mir in die nase.
hält meinen pizzabelag, mein verlorensein, mein zu spät aufstehen
aus.
wenn er sterben würde, wär ich traurig wie um einen freund.
er ist mir bezug und verbindung
hält mir türen auf und heisst mich platz zu nehmen.
sein duft wird mit meiner anwesenheit wahrgenommen.
die, die ein brot mitgenommen hat.
bist mir gute begleitung.